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USA, 1953
Mit Richy Andrusco, Richard Brewster, Winifred Cushing, Jay Williams
Regie: Ray Ashley, Morris Engel, Ruth Orkin
Joey ist sieben und lebt in Brooklyn. Weil seine Mutter ihre kranke Mutter pflegen muss, soll sein Bruder Lennie auf ihn aufpassen, was dem Zwölfjährigen überhaupt nicht gefällt. Mit seinen Freunden spielt er Joey deshalb einen Streich. Sie lassen den Jungen mit einem Gewehr hantieren, und als sich ein Schuss löst, stellt Lennie sich tot. Als „Mörder“ seines Bruders nimmt Joey Reißaus. Mit sechs Dollar in der Tasche fährt er nach Coney Island, wo er sich am Strand und im Vergnügungspark herumtreibt … Die Kamera in Nabelhöhe: Mit einer mobilen 35-mm-Kamera, die er an seinem Körper befestigte, dokumentierte der Fotograf Morris Engel aus der Perspektive seines Helden dessen Umgebung. Während dieser Karussell fährt, Baseballwürfe übt, Zuckerwatte verspeist und sich als Flaschensammler betätigt, nehmen die Filmemacher die Auszeit Joeys zum Anlass, ihre Landsleute während der Freizeit zu porträtieren: beim Bummeln, Flirten, Schwimmen oder Sonnenbaden. Als seien sie mit den staunenden Augen eines Siebenjährigen festgehalten, präsentiert Der kleine Ausreißer belustigte und anthropologische Blicke auf Menschen in der Masse – und zugleich Meisterwerke der Schwarzweißfotografie.
Little Fugitive – der kleine Ausreißer, der bei der letztjährigen Berlinale in der Retrospektive gezeigt wurde und die Herzen des Publikums im Sturm eroberte, feiert nach 60 Jahren seine Wiederaufführung in den deutschen Kinos. Little Fugitive – der kleine Ausreißer ist ein zauberhafter, wahrhaftiger und spielerisch erzählter Film, der – mit Laiendarstellern gedreht – die Abenteuer eines kleinen Ausreißers im sommerlichen Coney Island beiläufig und voller Humor und Sympathie beobachtet. Ein Plädoyer, an die Stärke und das Selbstvertrauen von Kindern zu glauben und gleichzeitig ein impressionistisches, äußerst unterhaltsames Zeitdokument, das sowohl als Vorreiter der französischen Nouvelle Vague gilt als auch Martin Scorsese und John Cassavetes inspirierte. Der Regisseur Wes Anderson (Asteroid City, Grand Budapest Hotel) wählte Little Fugitive – der kleine Ausreißer als seinen liebsten Coming-of-Age-Film für die Retrospektive der Berlinale 2023 aus. Sein Statement dazu: „Die beste und schlüssigste Einführung zu diesem wunderbaren Film, den Ruth Orkin 1953 gemeinsam mit Morris Engel und Raymond Abrashkin [aka Ray Ashley] gemacht hat, liefern wohl ihre eigenen Worte und Fotografien. ‚Die meisten Regisseure und Regisseurinnen haben vor ihrem ersten Hollywood-Film bereits Erfahrungen in anderen Bereichen des Filmwesens gesammelt: sei es als Drehbuchautor, als Schauspieler, an der Kamera, im Schnitt, als Regieassistenz oder rund um den Kinosaal. Und wenn sie dann endlich im Regiestuhl sitzen, hält ihnen eine komplette Filmcrew den Rücken frei. Wir hingegen hatten lediglich uns selbst. Ohne unseren fotografischen Hintergrund hätten wir nie Filme drehen können.‘
Über die Filmemacher: Little Fugitive – der kleine Ausreißer ist eine Gemeinschaftsarbeit der bekannten Fotografin Ruth Orkin, die u. a. für Life tätig war, ihres späteren Ehemannes Morris Engel und des Schriftstellers Ray Ashley. Komplett mit Laiendarstellern besetzt, filmte Morris Engel Little Fugitive – der kleine Ausreißer mit einer stummen 35mm Handkamera vor Ort in New York. Der Ton wurde erst später im Studio hinzugefügt. 1955 drehten Ruth Orkin und Morris Engel Lovers and Lollipops, 1958 folgte Weddings and Babies. Little Fugitive – der kleine Ausreißer und die letztgenannten beiden Filme bilden die New Yorker Trilogie, die als Meilenstein des US-amerikanischen Independentkinos angesehen wird. Viele zeitgenössische Kritiker sahen den Film aufgrund seines naturalistischen Stils und des bahnbrechenden Einsatzes von Laiendarstellern in den Hauptrollen als wegweisend an.
Pressestimmen und Zitate:
„Unsere Nouvelle Vague wäre ohne den jungen Amerikaner Morris Engel, der uns mit diesem tollen Film einen Weg zur unabhängigen Produktion gezeigt hat, niemals entstanden.“ François Truffaut
„Ein Beispiel dafür, was Geduld, Leidenschaft und filmisches Know-how ausmachen können, um einen guten Film zu machen.“ Gene Moskowitz, Variety
„Was für wundervolle, ausdrucksstarke Momente die Kamera eingefangen hat: der Nervenkitzel, die Magie und die Aufregung eines Jungen, dem ganz Coney Island zu Füßen liegt.“ Marjorie Adams, Boston Globe
„[...] The Little Fugitive ist einer der lustigsten Filme, die je in den USA außerhalb Hollywoods produziert wurden.“ Time Magazine
„Little Fugitive verfügt nicht nur über ein unendliches Wissen über die inneren und äußeren Mechanismen kleiner Jungen, die ausgerissen sind, sondern hat auch die Gabe, diese Affinität zu teilen.“ Dorothy Masters, New York Daily News