Wichtig: Die Veranstaltungen in der BASTION finden bei freiem Eintritt statt und sind öffentlich. Allerdings braucht man eine Einladung, um teilnehmen zu können und wir haben nicht mehr als 16 Plätze für euch. Kommt also bitte nicht einfach vorbei, sondern schickt uns eine Nachricht per Mail, bzw. ruft uns unter 0234 - 911 77 90 an. Ihr hört dann von uns. Danke!
Schweiz, Deutschland, 2014/2015
Mit Nina Fog, Christoph Bach, Philippe Graber
Regie: Samuel Schwarz, Julian M. Grünthal
Neuroo-X steht für Games, die die Grenze zwischen Wirklichkeit und Realität aufheben. Ein neues Gadget, das sagenumwobene Rote Buch, bietet das ultimative Spielerlebnis. Die geheimsten Sehnsüchte der Gamer werden von der Engine gescannt und in phantastische Adventures verwandelt.
Marcus, der Chief Development Manager von Neuroo-X stirbt kurz vor der Fertigstellung des Roten Buchs. Seine Geliebte Ryuko findet heraus, dass bei der Testreihe des Spiels in China Furchtbares geschehen ist und je tiefer sie in das Geheimnis von Neuroo-X abtaucht, umso mehr verliert auch sie den Bezug zur Realität. Sie vernachlässigt ihren Sohn Walter, der sich in das Game einloggt und in der digitalen Parallelwelt verschwindet. Ryuko findet sich wieder in einer Welt voller Dämonen, Hexen, Rittern und Terroristen.
Ein Polder ist laut John Clute und seiner Encyclopedia of Fantasy "eine Enklave verdichteter Wirklichkeit, die durch magische Grenzen von der umgebenden Welt getrennt ist... ein lebendiger Mikrokosmos, der sich gegen die potentielle Verkehrtheit der Welt ringsum behauptet, ein Anachronismus, der absichtlich der falschen Gegenwart widersteht. Polder verändern sich nur, wenn sie von außen erobert werden."
Gerade die digitalen Welten ermöglichen uns – nebst den klassischen Beispielen von Tolkiens Auenland oder Oz oder Hogwarts – besonders intensive Polder. Und die großen Welt-Konzerne sind es, die sie für uns "hosten". Polder - Tokyo Heidi ist ein Höllentrip in die magischen Psycho-Narrative der IT Konzerne. Polder - Tokyo Heidi erzählt uns über unsere Beziehungen zu den großen Konzernen, die unsere Phantasien verwalten.
Heute spielen die User "Retro-Games" und fühlen dabei eine Art melancholische Sehnsucht und die Kids verkleiden sich als CosplayerInnen und wollen wie ihre geliebten Wesen sein. Die Grenzen haben sich verschoben. Die Nebenwelten und die Hauptwelt gleichen sich an. Wenn die Unterscheidung von Wirklichkeit und Spiel aufgehoben ist, dann gibt es auch kein Spiel mehr, dann sind wir, wie Marcus das sagt, in der Hölle.
Big Data ermöglicht den Konzernen, Geheimdiensten und deren Maschinen, uns mit Träumen zu beliefern, die wir schon immer träumen wollten. Die Algorithmen wissen mehr über uns, als wir selber.
Polder - Tokyo Heidi ist ein "User"-Film, der unser ambivalentes Verhältnis zu diesen Konzernen aufzeigt. Die Konzerne können uns die schönsten Sehnsüchte erfüllen. Uns verbindet eine unselige/selige Hassliebe. Zwar beschweren wir uns über die Ausbeutung unserer geheimsten Sehnsüchte, über die Gamifizierung unserer Lebensumwelt, aber wir verlieren uns trotzdem gerne in den künstlichen Welten der Maschine. Können wir mit Sicherheit sagen, dass dieser Realitätsverlust nur schlimm ist? Erfüllt sich für uns vielleicht die süße Lust von Friedrich Nietzsches letztem Menschen? Wie wird es sein, wenn die Maschinen uns nur mehr Lüste erfüllen? Werden wir uns wehren? Sollten wir uns wehren? Werden wir überhaupt noch spielen, wenn alles nur mehr ein Spiel ist?
Polder - Tokyo Heidi ist kein Fantasy-Film, sondern ein Drama über unser Verschwinden in diesen Nebenwelten. Was wird sein, wenn die Maschinen empfindsame Wesen emulieren können? Wird es Menschenrechte für sie geben? Auch wenn diese Wesen mittels Quanten-Computern multimilliardenfach reproduziert werden können?
Als die Filmemacher sich diese Fragen zu Beginn der Projektentwicklung gestellt haben, waren das noch phantastische Fragestellungen. Pure Science Fiction. Heute beschäftigen sie die wichtigsten Wissenschaftler, Neurologen und Juristen. So rasch hat das Moor’sche Gesetz diese Fragen aus der Phantastik in die Realität gehoben. Wissenschaftler und Computerpioniere wie Stephen Hawking, Max Tegmark und Bill Gates haben mittlerweile das Future of Life Institute gegründet, um uns vor den Gefahren künstlicher Intelligenz zu warnen. Polder - Tokyo Heidi ist in diesem Sinne ein durchaus realistischer Film.
"Dafür, dass Polder – Tokyo Heidi im Kern ein Experimentalfilm ist, den man eher in einer Kunstausstellung vermuten würde, als im Kino, fesselt die bizarre Mischung aus Heidi und Manga doch erstaunlich.“ Programmkino.de
"Dieser Film (ist) eine produktive Zumutung, die auf die Zukunft des Kinos verweist." SWR2