Am Sonntag, dem 07. Mai, stellt Andrea Rothaug in der BASTION ihr Romandebüt Frierkind vor, das 2005 im Eichborn Verlag erschienen ist.
Max Tinker ist kein Tausendsassa, kein Kraftmeier, auch kein Raffke. Er ist das, was Modemagazine unscheinbar nennen: ein liebenswerter Ekelheld mit herrlichen Marotten, der sich in einer bunten, musikalischen Welt bewegt, deren Zeichen er nicht versteht. Im Auge des Orkans die Dinge aus der Distanz zu betrachten – das ist die hohe Kunst des Max Tinker, Held des Debütromans der Hamburger Autorin Andrea Rothaug. Von den Dingen aus der Distanz betrachtet zu werden - das ist Schicksal des emotional isolierten Großstadthelden. Frierkind ist ein Künstlerroman, der sich gekonnt und amüsant im exzentrischen Untergrund einer Stadt bewegt, deren Sprache der Fliehkraft der täglichen Umdrehungen nicht widersteht. Rothaug setzt drastische Akzente in einer gewaltigen Sprache, die virtuos wuchernd die Geschichte eines jungen Mannes schildert, der im Würgegriff seiner exzentrischen Mutter die erste Liebe erlebt. Voyeurismus, Musik, Kunst, Exzentrik, Underground, Einsamkeit und andere verlorene Welten bilden den Schauplatz dieses Debüts, das ausspricht, was andere nicht zu denken wagen. In Frierkind agiert die Großstadt, sie ist Universum und mechanisches Objekt, das den Einzelnen nicht beherbergt, sondern feindlich umgibt. Die Stadt ist Moloch. Ihre Protagonisten sind hippe Dauerbohèmiens, die sich in der Nacht bewegen wie Fische im Wasser. Und doch legt Rothaug ein geradezu hysterisches Fröhlichsein über die Szenen; andauernd kämpfen die Figuren um ihren Status als Insider, als Avantgarde der Musik- und Kunstszene, ebenso ruhelos wie verbissen. Und obwohl die Autorin die „Stadt“ nur scheinbar nebenbei in unzähligen kleinen Splittern ablichtet, setzt sich aus diesen Bruchstücken ein bedrückendes und bedrohliches Ganzes zusammen. Andrea Rothaugs Debüt Frierkind ist auch ein Gesellschaftsroman. Ein realistischer, ja naturalistischer Roman und eine dem literarischen Topos entsprechende, nahezu klassische Liebesgeschichte. Frierkind verabschiedet sich von einer der vorherrschenden Tendenzen der jüngeren deutschen Literatur: die Autorin setzt sich nicht ausschließlich mit einem privaten Mikrokosmos auseinander, sondern holt mit ihrem Text das Politische, die Gesellschaft, zurück in die deutsche Literatur. Und so steht unausgesprochen als Frage über dem gesamten Roman, was geschieht mit dem Menschen in einer endmoralisierten Gesellschaft? Andrea Rothaug gibt keine Antworten, aber brennender und wütender ist diese Frage lange nicht gestellt worden. Andrea Rothaug, 1965 geboren, wuchs zwischen zwei Schwestern auf, die ihr nur eine Fluchtmöglichkeit ließen: das geheime Tagebuch. Mit 9 Jahren initiierte Rothaug die erste Protestlesung aus diesem Tagebuch auf dem Schulhof der Grundschule. Die intimen Erzählungen über Doktorspiele mit gleichaltrigen Nachbarjungen führten zu einer Art mentaler Bücherverbrennung im Lehrerzimmer der Schule. Mit 13 Jahren entdeckte sie den Punkrock und entschied die Regierung zu stürzen. Ihre Eltern zogen es daraufhin vor, das Kind aus der Stadt zu entfernen, um ein stilles Leben in der Einsiedelei an der Ostsee zu führen. Dort traf sie auf Kerle wie den Wirt und Lebenskünstler Peter Marxen, den Maler, Schreiber und Musiker Ernst Kahl, Daniel Richter, Rocko Schamoni und später die Goldenen Zitronen, die ihr junges Leben nachhaltig beeinflussen sollten. Zurück in urbanen Gefilden, versuchte Andrea Rothaug Die Braut haut ins Auge und Rocko Schamoni zu Weltruhm zu verhelfen und bot Undergroundbands Asyl. Während ihres Studiums der russischen Literatur in Hamburg, sah sie die Universität in erster Linie durch die Scheiben von Tourneebussen, z.B. Die Braut haut ins Auge, Rocko Schamoni, Die Sterne, etc. Nach mehreren Aufenthalten im Petersburger Untergrund beendete sie 1996 das Studium der Ostslavistik mit Bravour (Thema: Die Semantik des Raumes im Frühwerk von Dostojewski). Es folgte der Versuch eines bürgerlichen Lebens: ein Volontariat in der PR-Abteilung eines Hamburger Verlages. Danach als Pressereferentin der deutschen Tonträgerindustrie. Später startete sie das Experiment, ein ordentliches Start-Up-Unternehmen in den Bankrott zu jagen, was gelang. Heute leitet Andrea Rothaug als Geschäftsführerin einen Künstlerverein in Hamburg – diese Arbeit zwingt sie regelmäßig in die nächtlichen Wirren des urbanen Nachtlebens. Frierkind ist ihr erster Roman.
Pressestimmen:
„Der Autorin Andrea Rothaug gelingt es, ihren Helden kunstvoll in ein marodes Geflecht aus Liebeshunger und Einsamkeit zu verheddern. Aggressiven Gossenslang und jugendliche Sprachromantik rührt sie zu einer modernen ... Stilmelange zusammen. Ein kraftvolles Debüt.“ Der Spiegel (KulturSpiegel), August 2005
„Sie hat jahrelang als Pressesprecherin der Popmusikbranche gearbeitet, unter anderen für den Trash-Sänger Rocko Schamoni. Diese Berufserfahrungen prägen auch ihren Schreibstil. Eingängige, kurze Sätze, zahlreiche Ellipsen und assoziative Wortspiele reihen sich zu einer Art Sprechgesang aneinander.“ FAZ 19.10.05
„Andrea Rothaug hat etwas erlebt und hat etwas zu erzählen – das kann man nicht von jedem neuen Autor behaupten.“ DPA, Juli 2005
„Auf jeden Fall ist ihr Stil eigenwillig. Und das ist angesichts der häufig eintönigen jungen Literatur aus Deutschland schon mal etwas.“ FACTS, 30. Juni 2005
„Mit ihrem furiosen Debüt Frierkind sorgt Andrea Rothaug für die literarische Sensation dieses Sommers.“ AMICA, Juli 2005
„Mit Frierkind hält sie [Andrea Rothaug] das Vergrößerungsglas auf Machtgeflechte, Subkulturindustrie, beschädigte Identitäten und beschreibt sie minutiös realistisch bis ironisch grotesk.“ SPEX, 30. September 2005
„ein beachtliches Debüt der RockCity-Hamburg-Geschäftsführerin.“ INTRO, September 2005
„ein ausgereiftes Meisterwerk, das sich aus reichlich Lebenserfahrung und profundem, popkulturellem Wissen speist. .. Unbedingt lesen!“ NOTES, August 2005
„Ein krasses und gutes Buch, das die Hamburger Rockcity-Geschäftsführerin Rothaug da geschrieben hat. Hoher Verschlingfaktor.“ ALLEGRA, September 2005
„Sprachgewaltige Großstadt-Lovestory. Für Fans von: Irving Welsh.“ MAXI, 14. Juli 2005
„Großstadtroman um das herbe Spiel von Sex, Liebe und Wahnsinn.“ PLAYBOY, 18. August 2005
„Thematisch anspruchsvoll, erhält das Buch seine Würze ... durch eine strahlende Sprache. Rothaugs eigenwilliger Stil überrascht... Mal formuliert sie hoch poetisch, dann verwendet sie Gossenslang, doch immer ist Rothaugs Sprache äußerst expressiv – ein wirklich lesenswertes Debüt.“ HAMBURGER MORGENPOST, 21. Juli 2005
„Selten zuvor hat eine Autorin für den Konflikt zwischen Bevormundung, Macht und Freiheit schmerzhaftere Bilder und eine strahlendere Sprache gefunden.“ L.O.S. – Das Entertainmentmagazin, 5. Juli 2005
Im Anschluss an die Lesung: Party mit Le Concierge [no-budget-tunes].