Mit Paulette Godard, Charlie Chaplin, Tiny Sandford, Chester Conklin, Henry Bergman, Allan Garcia
Moderne Zeiten (Originaltitel: Modern Times) ist ein von Charlie Chaplin in den Jahren 1933 bis 1936 geschaffener US-amerikanischer Spielfilm, der am 5. Februar 1936 uraufgeführt wurde. Inhaltlich greift der Film, in dem Chaplin ein weiteres Mal die von ihm kreierte Figur des Tramps darstellt, den Taylorismus in der Arbeitswelt sowie die Massenarbeitslosigkeit infolge der Weltwirtschaftskrise auf. Es wird zwar mit akustischen Elementen gearbeitet, er setzt aber dennoch im Wesentlichen die Tradition des Stummfilms fort.
Im Vorspann dreht sich ein Sekundenzeiger über eine bildfüllende Uhr. Es erscheint eine Schafherde, in deren Mitte ein schwarzes Schaf mitläuft. Danach werden Arbeiter, die dicht an dicht aus dem Schacht einer U-Bahn-Station in die Fabrik drängen, dargestellt, einer von ihnen ist Charlie. Hier sind absurde Maschinen zu bedienen, und ständig überwacht der Direktor der Produktionsstätte mit dem Namen „Electro Steel Corporation“ mit einem Monitorsystem die Tätigkeit seiner Beschäftigten. Der Firmenchef sitzt gelangweilt in seinem komfortablen Büro, spielt Puzzle und liest Zeitung, während Charlie und seine Kollegen unter Hochdruck in der Fließbandfertigung arbeiten. Der Leiter hat durch das Monitorsystem direkte Einflussmöglichkeit auf die Steuerungszentrale und kann darüber die Fertigungsgeschwindigkeiten der Anlagen nach Belieben beeinflussen. Durch die rasante und ständig gleichförmige Fließbandarbeit zeigt Charlie bereits erste Störungen in seiner Motorik und Koordination. In einer Essenspause kommt ein Ingenieurteam – in Anwesenheit des Chefs – ans Band und möchte eine neuartige Erfindung testen. Es handelt sich dabei um eine Maschine, die einen Arbeiter automatisiert füttern soll. Dadurch soll Pausenzeit eingespart werden. Charlie wird als Testperson auserkoren. Anfangs läuft die Fütterungsapparatur noch wie vorgesehen, wird aber plötzlich unkontrollierbar schnell und zeigt gefährliche Fehlfunktionen, wodurch Charlie von dem Automaten malträtiert wird.
Charlie Chaplin arbeitete an Modern Times im historischen Umfeld der Great Depression. Die Dreharbeiten starteten am 11. Oktober 1934 und endeten am 30. August 1935. Die Darstellerin des hungrigen Straßenmädchens, Paulette Goddard, wurde wenig später Chaplins Frau. Die Rolle in Moderne Zeiten bedeutete zugleich ihren Durchbruch und im Gegensatz zu den meisten anderen Chaplin-Hauptdarstellerinnen schaffte sie es, auch außerhalb ihrer Zusammenarbeit mit Chaplin erfolgreich zu sein. Die Szene mit dem unfreiwilligen Drogenrausch Charlies im Gefängnis war seinerzeit sehr gewagt, war doch 1930 eine freiwillige Zensurbestimmung angeordnet worden. Diese auch Hays Code genannte Vorgabe war eine Zusammenstellung von Richtlinien zur Produktion von US-amerikanischen Filmen im Hinblick auf eine moralisch akzeptable Darstellung besonders von Kriminalität und sexuellen Inhalten. Der Dachverband der US-Filmproduktionsfirmen übernahm den Kodex zunächst auf freiwilliger Basis; drohende Zensurgesetze der Regierung machten ihn jedoch ab 1934 zur Pflicht. Der Code war nie gesetzlich verankert, aber Filmen, die gegen ihn verstießen, drohte ein von der Catholic League of Decency organisierter Kinoboykott. Erst 1967 wurde der Hays Code abgeschafft.
Das „Movie College Team“ bewertet Moderne Zeiten als späten Stummfilm und Chaplin als „größte[n] Nachzügler“. Moderne Zeiten gilt als Satire auf den Tonfilm: Toneffekte werden lediglich zu dramaturgischen Zwecken eingesetzt. Zu hören sind Geräusche von Maschinen, unwillkürliche Körpergeräusche und medial vermittelte Aussagen wie die Anweisungen des Betriebsleiters aus dem Lautsprecher und die auf Schallplatte aufgenommene Vorstellung der Essmaschine. Zu hören ist auch der Gesangsvortrag des Protagonisten. Dieser ist allerdings völlig unverständlich; dem zu hörenden Kauderwelsch wird lediglich durch ausdrucksstarke Gestik ein Sinn verliehen. Noch 1936 ist Chaplins Befürchtung spürbar, Sprechfilme würden die Fähigkeit zur Pantomime zerstören, die er als Grundlage der Filmkunst ansah. Folglich wird jede nicht über Apparate vermittelte Kommunikation in Moderne Zeiten (wie im Stummfilm) pantomimisch dargestellt, was besonders bei der Präsentation der Essmaschine witzig wirkt, da deren Erfinder den auf Schallplatte abgespielten Werbetext, der die Maschine dem Direktor erklären soll, auch direkt sprechen könnte; stattdessen unterstreicht er pantomimisch seine eigenen Worte, getreu der hörbaren Aussage, dass eine praktische Vorführung die Funktionsweise der Maschine besser zeigen könne als alle Worte. Dadurch, dass gesprochener Text nur dann hörbar ist, wenn er über Apparate vermittelt wird, entsteht der Eindruck, dass nur diejenigen „etwas zu sagen haben“, die die Verfügungsgewalt über die Apparate innehaben. Nicht-Besitzer von Apparaten hingegen bleiben ungehört.
Der Film kritisiert den durch die Industrialisierung hervorgerufenen Verlust von Individualität durch Zeitdruck und monotone, durch Maschinen geprägte Arbeitsabläufe. Die Arbeiter in der Fabrik werden als abgestumpft dargestellt, lediglich die Hauptfigur reagiert mit menschlicher Sensibilität auf das Geschehen in der dargestellten Arbeits- und Umwelt, die sich auch in der Liebesgeschichte mit dem Mädchen ausdrückt. Der Film stellt eine Weiterentwicklung der von Chaplin in früheren Filmen ausgearbeiteten Tramp-Rolle unter veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen dar. Aus dem Tramp als typischem Wanderarbeiter (Hobo) ist vor dem Hintergrund von Massenarbeitslosigkeit einer der vielen Arbeitslosen geworden, der in dieser Zeit ums Überleben kämpfen muss. Anders als in früheren Filmen steht der Tramp am Filmende nicht allein da und er ist vielschichtiger geworden. „Zwischen dem alten und dem neuen Chaplin gibt es noch einen Unterschied, der sehr nachdenklich stimmt, einen Unterschied zwischen der alten grotesken Figur und dem neuen vielgestaltigen Menschen“, schrieb der Filmtheoretiker Béla Balázs. „Es ereignet sich nämlich in den Modernen Zeiten, im letzten Bild, zum erstenmal, dass Charlie nicht allein weiter in die Welt hinauswandert, sondern mit seiner Freundin. Der stumme Chaplin war einsam!“ Chaplin zur Film-Idee: „... Dann erinnerte ich mich an ein Gespräch, das ich mit einem intelligenten jungen Reporter geführt hatte. Er erzählte mir vom Fließbandsystem, das in Detroit in den Fabriken angewendet wurde. Es war eine erschütternde Geschichte, wie die Großindustrie gesunde junge Männer aus der Landwirtschaft abwarb, die nach 4 oder 5 Jahren am Fließband geistig und körperlich zusammenbrachen. Dieses Gespräch gab mir die Idee für Modern Times.“
1989 wurde Moderne Zeiten in das National Film Registry aufgenommen. Bei Umfragen des American Film Institute nach den 100 besten US-amerikanischen Filmen landete er als dritter Chaplin-Film (hinter Goldrausch und Lichter der Großstadt) im Jahr 1998 auf dem 81. und im Jahr 2007 auf dem 78. Platz.
Modern Times wurde 1989 als „culturally significant“ von der Library of Congress bewertet und ausgewählt als schützenswert für die United States National Film Registry. 2003 wurde der Film „out of competition“ auf dem Cannes Film Festival gezeigt. Der Journalist und Comics-Experte Andreas Platthaus stellt die Frage nach der Aktualität des Films im 21. Jahrhundert: Scheinbar passe er „besser in die Zeit von Roosevelt II als in die von Hartz IV“. Trotzdem handele es sich bei Moderne Zeiten um den „modernste[n] Film der Saison“; denn er zeige, dass man (wie der Tramp im Film als Träger der roten Fahne) nur „[d]urch Unschuld, nicht Berechnung […] zum Führer einer sozialen Bewegung“ werde.
Der Literaturkritiker Thomas Klingenmaier weist, ähnlich wie Platthaus, auf die veränderte Rezeption des Films durch Zuschauer im 21. Jahrhundert hin: Die Zuschauer der Zeit unmittelbar nach 1936 hätten in dem Ausspeien des Protagonisten aus der Maschine noch einen Akt der „Rettung“ gesehen. Heutige Zuschauer hingegen erlebten diese Szene nicht als „Befreiung“ des Arbeiters von seiner Fron, sondern als „Ausmusterung“ eines überflüssig Gewordenen aus der menschenleer gewordenen Fabrik. Wenn zu Filmbeginn der Fabrikdirektor mit aufwendigen Überwachungssystemen die Tätigkeiten seiner Beschäftigten ständig überwacht, werden heute beim informierten Zuschauer gedankliche Verknüpfungen zu George Orwell und seinem dystopischen Roman 1984, in dem ein totalitärer Präventions- und Überwachungsstaat dargestellt wird, hervorgerufen. Im Film entsteht der Eindruck, dass nur der etwas zu sagen hat, der über die damals noch als modern geltenden Kommunikationsmittel verfügt.