Regie: Hans W. Geißendörfer, George Moorse, Claus Peter Witt, u.a.
Mit Marie-Luise Marjan, Joachim Hermann Luger, Moritz A. Sachs, Annemarie Wendl, Andrea Spatzek, Johanna Bassermann, Ute Mora, Ludwig Haas, Christian Kahrmann, Hermes Hodolides, Sybille Waury, Raimund Gensel, Amorn Surangkanjanajai, Kostas Papanastasiou, Tilli Breidenbach, Dagmar Hessenland, Georg Uecker, Marianne Rogée, Susanne Gannott, Irene Fischer, Martin Rickelt, Thorsten Nindel, Margret van Munster, Robert Zimmerling, Jo Bolling, Rebecca Siemoneit-Barum, Knut Hinz, Bill Mockridge
Lindenstraße ist eine von Hans W. Geißendörfer begründete deutsche Fernsehserie des WDR [...]. Sie wurde am 8. Dezember 1985 erstmals am Sonntagvorabend ausgestrahlt. Im November 2018 wurde bekannt, dass die ARD-Fernsehprogrammkonferenz den Produktionsvertrag mit der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion nicht verlängert und die Serie somit nach mehr als 34 Jahren beendet werden würde. Die letzte Folge der Lindenstraße mit der Nr. 1758 wurde am 29. März 2020 um 18:50 Uhr gesendet.
Die erste Folge wurde am 8. Dezember 1985 um 18:40 Uhr mit dem Titel Herzlich Willkommen ausgestrahlt. Fortan lief die Serie wöchentlich. Die 1000. Folge wurde am 30. Januar 2005 als längere Jubiläumsfolge (46 Minuten) gezeigt. Regulärer Sendeplatz der Episoden-Erstausstrahlung war ab dem 13. März 2005 sonntags um 18:50 Uhr im Ersten Deutschen Fernsehen. Ursprünglich sollte die Serie donnerstags im Hauptabendprogramm ausgestrahlt werden; deshalb spielen die Handlungen in der Regel an einem Donnerstag. Ausnahmen sind die sogenannten „Feiertagsfolgen“, die zu Ostern oder Weihnachten, aber auch an Wahltagen spielen.
Der Erfinder der Lindenstraße ist Hans W. Geißendörfer, dessen Firma Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion GmbH (GFF) die Serie bis zu ihrem Ende produzierte. Nach eigener Aussage gab es zwei Inspirationen für die Serie; zunächst Geißendörfers eigene Kindheit in einem Mehrfamilienhaus in Neustadt an der Aisch; die zweite Inspiration ist die britische Fernsehserie Coronation Street, die in Großbritannien bereits seit 1960 produziert und gesendet wird. Den Titel Lindenstraße steuerte der verantwortliche Fernsehspielchef des WDR Gunther Witte bei.
Bei den ersten 31 Folgen der Lindenstraße führte Geißendörfer auch Regie. Später wechselte diese zwischen verschiedenen Regisseuren, u. a. Dominikus Probst und ab Ende 2007 Iain Dilthey.
Die Lindenstraße spielt in München. In den Mehrfamilienhäusern der Straße wohnen Familien mit Kindern – besonders serienprägend sind die Familien Beimer-Schiller, Beimer-Ziegler und Zenker – sowie auch Paare ohne Kinder und Wohngemeinschaften. Auch existieren dort die Arztpraxis von Dr. Iris Brooks, die ehemals unter anderem von Dr. Ernesto Stadler, Dr. Carsten Flöter und dessen Stiefvater Dr. Ludwig Dressler betrieben wurde, sowie das griechische Restaurant Akropolis und ein Supermarkt. In der angrenzenden Kastanienstraße gibt es eine Shisha-Bar, das (dem ehemaligen Café Beyer im von Wendelin Streicher erbauten Haus in der Bamberger Straße 7, in Neustadt an der Aisch nachempfundene) Café Bayer, ein kleines Fitness-Studio sowie eine Autowerkstatt. In dieser Straße wohnen auch einige Hauptfiguren der Serie. In der entgegengesetzt angrenzenden Ulrike-Böss-Straße befinden sich das Kinocenter Astor, das Café George und ein Friseursalon.
Das Leben der Straßenbewohner wird recht realitätsnah dargestellt. Vielfältige, meist problemhaltige Facetten realen menschlichen Lebens werden in teils mehrere Jahre übergreifenden Handlungssträngen aufgegriffen. Sich allmählich entwickelnde Ehekrisen in bis dahin scheinbar heilen Familien (wie zum Beispiel in früheren Jahren bei Ehepaar Schildknecht, später bei Ehepaar Beimer und Ehepaar Sperling) zählen ebenso dazu wie Pubertätsprobleme bei den zahlreichen jugendlichen Figuren (zum Beispiel in Gestalt von Liebeskummer, verfrühter Schwangerschaft, Essstörungen, Drogenabhängigkeit) sowie auch politischer oder religiöser Extremismus. So gehörte zum Beispiel die Hauptfigur Klaus Beimer zu Jugendzeiten der Neonazi-Szene an. Es gab Coming-out-Prozesse (wie beim schwulen Carsten Flöter im ersten Jahr der Serie, später dann auch bei der lesbischen Tanja Schildknecht und anderen), langwierige Versuche zur Erfüllung von Kinderwünschen (zum Beispiel bei Valerie Zenker und Ines Kling wegen Zeugungsunfähigkeit ihres jeweiligen Partners, bei Berta Griese wegen Unfruchtbarkeit oder bei gleichgeschlechtlichen Paaren), komplizierte Krankheitsverläufe (zum Beispiel AIDS bei Benno Zimmermann Ende der 1980er Jahre, Alzheimer bei Hubert Koch in den 1990ern, Herzkrankheit bei Erich Schiller im Jahr 2009, Parkinson bei Hans Beimer im Jahr 2015), Wechseljahres- und Alterskrisen, aber auch Berufliches (Existenzgründungen mit Restaurants und Läden) und basisdemokratisches Engagement (Parteigründungen, Bürgerbegehren).
Realgesellschaftliche und auch realpolitische Entwicklungen und Diskurse werden aufgegriffen und widergespiegelt. Unter anderem kann die Emanzipation der Frau innerhalb der Ehe angeführt werden, beispielsweise dargestellt durch die Figur Elfie Kronmayr bereits in den ersten Folgen. Zum Ausdruck kommt bereits seit den frühen Serienjahren die zunehmende gesellschaftliche und rechtliche Emanzipation Homosexueller, dargestellt durch das Coming-out von Carsten Flöter 1986 sowie durch zahlreiche weitere Lesben- und Schwulenbeziehungen, wobei Carsten Flöter und Theo Klages sogar eine Hochzeit feierten. Deutlich wurde immer wieder auch, inwieweit Homosexuelle nach wie vor mit sozialen und formalen Hemmnissen zu kämpfen haben, etwa bei den Bemühungen um eine Kindesadoption: Carsten Flöter und sein Partner „Käthe“ Eschweiler adoptierten nach Auseinandersetzungen mit Behörden schließlich den jungen Felix, der mit HIV infiziert ist. 2019 wurde auch die Homosexualität von Paul Dagdelen thematisch aufgegriffen. Die Umweltbewegung wurde in den 1980er Jahren durch die Figur Benny Beimer verkörpert, der auf Grund seiner Aktionen sogar kurz vor dem Abitur des Gymnasiums verwiesen wurde. In den frühen 1990er Jahren wurde mit der Figur Hubert Koch gezeigt, dass auch ältere Menschen engagiert für Umweltschutz kämpfen und hierbei vor Konflikten mit Behörden nicht zurückschrecken. Es wurde auch vorübergehendes Scheitern solcher Engagements und der damit verbundene Frust aufgezeigt: Philipp Sperling erfuhr 1995 eine herbe Ernüchterung bei seinen Versuchen zur Eindämmung des Autoverkehrs. Dies hielt das Ehepaar Beimer-Ziegler nicht davon ab, ein Jahr später ein Bürgerbegehren für eine verkehrsberuhigte Zone zu initiieren, nachdem Sohn Tom bei einem Autounfall beinahe ums Leben gekommen wäre. 2008 wurde in der Lindenstraße mit einer Fahrrad-Aktion für den Umstieg auf selbiges geworben. Der gesellschaftliche Trend zu Vegetarismus und Veganismus war ebenfalls Thema: Marion Beimer präsentierte beim Festessen zu Weihnachten 1994 eine lebendige Gans, deren Schlachtung sie nicht übers Herz gebracht hatte. Julia von der Marwitz und Klaus Beimer, später auch Felix Flöter engagierten sich in diesem Zusammenhang als Tierrechtler und ernährten sich vegan, und auch die Ärztin Eva Sperling lebte, ebenso wie zeitweise Helga Beimer und Tanja Schildknecht, vegetarisch. Antonia Zenker ernährte sich ebenfalls vegan. Immer wieder wurden auch schwere Krankheiten und die damit verbundenen persönlichen Schicksale in den Handlungssträngen aufgegriffen. So erkrankte 1987 Maike Schildknecht und 2000 Vasily Sarikakis an Leukämie, 2004 Maya Starck an Darmkrebs und 2011 Sabrina Buchstab an Bauchspeicheldrüsenkrebs. 2013 grassierte in der Lindenstraße eine Virusvariante des EHEC-Erregers. Kontinuierlich thematisierte die Serie das zeitweise Aufleben von Rechtsextremismus: Neben den Neonazi-Aktivitäten von Klaus Beimer und Olli Klatt in deren Jugend kam es vor, dass das griechische Restaurant Akropolis aus fremdenfeindlichen Motiven heraus überfallen wurde und der Altnazi Franz Wittich eine Gruppierung Gleichgesinnter um sich scharte. Doch nicht nur Rechtsextremismus, auch militanter Islamismus wurde zum Thema, verkörpert 2009 durch den konvertierten Timo Zenker.
Die Produzenten der Lindenstraße drehten immer wieder auch kurz vor dem Ausstrahlungstermin Szenen mit aktuellem Inhalt nach, um einen gewissen zeitnahen Bezug zu erhalten. Dialoge zu fast tagesaktuellen Ereignissen wie Flugzeugabstürzen und Erdbeben oder politischen Geschehnissen wie Bundestagsbeschlüssen oder Revolutionen im Ausland sind in den meisten Folgen zu finden. Im Hintergrund sind oft Auszüge aus entsprechend aktuellen Radioberichten zu hören. So wurden zum Beispiel bei der Bundestagswahl 1998 vier Versionen über den Ausgang vorbereitet. Bei der Bundestagswahl 2005 wurde Bezug auf den Tod einer Direktkandidatin und die damit verbundene Nachwahl in Dresden genommen. In der Folge am Sonntag der Bundestagswahl 2009 war die erste Hochrechnung von 18:14 Uhr zu sehen und mit aktuellen Kommentaren und Bewertungen durch die Mitglieder der Wohngemeinschaft unterlegt. Die Folge wurde in den vorangehenden Tagesthemen extra dahingehend angekündigt, dass die folgende Lindenstraße erst kurz vor Ausstrahlung fertiggestellt wurde. Selbst die nach dem Ende der Produktion (Dezember 2019) am 8. März 2020 ausgestrahlte Folge 1.755 wurde noch im Nachhinein mit dem Ton eines Tagesschau-Berichtes zur COVID-19-Pandemie versehen. Die zeitnahe Einarbeitung bestimmter Ereignisse hatte jedoch auch Grenzen. So wurden die Terroranschläge in den USA am 11. September 2001, einem Dienstag, nicht in die darauf folgende Sonntagsfolge thematisch eingearbeitet.