Wenn die Kraniche ziehen, UdSSR (DVD) + (VHS), 1957
Regie: Michail K. Kalatosow
Mit Tatjana Samoilowa, Alexei Batalow, Wassili Merkurjew, Alexander Schworin, Swetlana Charitonowa
Die Kraniche ziehen (russisch Летят журавли / Letjat shurawli; alternativer deutscher Verleihtitel: Wenn die Kraniche ziehen) ist ein sowjetischer Spielfilm des Studios Mosfilm aus dem Jahre 1957. Das zur Zeit des Deutsch-Sowjetischen Kriegs spielende Melodram entstand unter der Regie des georgischen Regisseurs Michail Kalatosow. Als literarische Vorlage diente das bereits 1943 entstandene Drama Die ewig Lebenden (Вечно живые) von Wiktor Rosow, der auch das Drehbuch für den Film verfasste. Die Kraniche ziehen gewann bei den Filmfestspielen von Cannes 1958 die Goldene Palme.
Der Film beginnt 1941 in Moskau, kurz vor dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion. Boris und Weronika sind ein Liebespaar, sie lässt sich von ihm „Eichhörnchen“ nennen und die beiden beobachten den Zug der Kraniche über der Stadt. Nach dem Ausbruch des Krieges meldet sich Boris freiwillig an die Front und wird am Tag vor Weronikas Geburtstag eingezogen. Ihr gelingt es nicht, sich von ihm zu verabschieden, und Boris kann ihr nur sein Geburtstagsgeschenk, ein Spielzeug-Eichhörnchen, hinterlassen. Bei einem Bombenangriff werden Weronikas Eltern getötet[...] und an der Stelle ihrer Wohnung klafft nur noch ein Loch. Weronika wird von Boris’ Familie aufgenommen.
Die Kraniche ziehen war nach Friedrich Ermlers Die große Wende (1946) der zweite sowjetische Film, der die Goldene Palme in Cannes gewann. Er repräsentiert eine Phase des sowjetischen Kinos, die in der Tauwetter-Periode nach dem Tod Stalins (1953) und dem XX. Parteitag der KPdSU (1956) einsetzte und zu deren Klassikern außerdem noch Filme wie Grigori Tschuchrais Die Ballade vom Soldaten (1959), Michail Romms Neun Tage eines Jahres (1962) und Andrei Tarkowskis Iwans Kindheit (1962) gezählt werden. Neben dem Hauptpreis des Wettbewerbs erhielt der Film in Cannes auch den Technikpreis; zudem wurde eine „lobende Erwähnung“ der Jury für die Hauptdarstellerin Tatjana Samoilowa ausgesprochen. 1959 erhielt Samoilowa außerdem den Étoile de Cristal als beste ausländische Darstellerin. Kalatosows Film ist geprägt durch die expressive, teilweise mit der Handkamera realisierte Arbeit des Kameramanns Sergei Urussewski, mit dem Kalatosow bereits 1955 bei Der erste Zug (Первый эшелон) zusammengearbeitet hatte. Auch die nächsten beiden Arbeiten Kalatosows, der wiederum mit Tatjana Samoilowa besetzte Ein Brief, der nie ankam (1959) und der auf Spanisch gedrehte Ich, Kuba (auch als Ich bin Kuba; 1964), waren stark von Urussewskis Stil, der von der Kritik als „emotionale Kamera“ bezeichnet wurde, geprägt. Besonders der erst in den 1990er Jahren dank Martin Scorsese und Francis Ford Coppola international wiederentdeckte Ich, Kuba wird mittlerweile als Klassiker des Kinos angesehen.
„Ein zeitloses, erschütterndes Melodram, das auch den abgeklärtesten Zuschauer mit feuchten Augen zurücklässt.“ David Fear, Time Out New York
„Der sensibel gestaltete Film [verdankt seine] Wirkung […] vor allem seiner selbstkritisch-patriotischen Sicht bei nur geringer politischer Lehrhaftigkeit sowie der wunderbaren Kameraarbeit.“ Lexikon des internationalen Films
„Ein bewegendes Zeugnis warmer Menschlichkeit, ein filmisches und darstellerisches Meisterwerk.“ [epd Film]