Mit Harvey Keitel, Tim Roth, Steve Buscemi, Michael Madsen, Chris Penn, Lawrence Tierney, Edward Bunker
Reservoir Dogs – Wilde Hunde ist der erste Kinofilm des Regisseurs Quentin Tarantino aus dem Jahr 1992. Er gilt als Klassiker des Independentfilms und wird als „größter Independentfilm aller Zeiten“ bezeichnet. Als Heist-Movie erzählt er die Geschichte eines missglückten Raubüberfalls. Die Hauptrollen sind mit Harvey Keitel, Michael Madsen, Chris Penn, Steve Buscemi, Lawrence Tierney, Edward Bunker und Tim Roth besetzt. Tarantino hat eine Nebenrolle als „Mr. Brown“.
Acht Männer, die einander zum großen Teil nicht kennen, sitzen in einem Restaurant. Sie unterhalten sich angeregt und streiten über verschiedene Themen, unter anderem über Madonnas Lied Like a Virgin und darüber, ob es sinnvoll sei, im Restaurant Trinkgeld zu geben. Bis auf den Verbrecherboss Joe Cabot und dessen Sohn, den „netten Eddie“, benutzen alle Decknamen nach Farben. Ein geplanter Überfall wird erwähnt. Nach diesem Vorspann fahren zwei der Männer in einem Auto. Einer der beiden, Deckname „Mr. Orange“, liegt schwer verletzt auf dem Rücksitz; er blutet aus einer Schusswunde am Bauch. Sein Mitstreiter „Mr. White“ sitzt am Steuer und versucht ihn zu beruhigen. Sie fahren zu einem Treffpunkt, einem Lagerhaus, wo ihnen der kurz danach eintreffende „Mr. Pink“ klarmacht, dass ihr gerade begangener Raubüberfall auf einen Diamantenhändler an die Polizei verraten wurde – einer aus der Bande müsse also ein Maulwurf sein.
Charakteristisch für den Film ist, dass die einzelnen Szenen nicht chronologisch angeordnet sind. So wird in Rückblenden beispielsweise die Planung des Überfalls gezeigt, außerdem die Vorbereitung von Mr. Orange auf seinen Undercover-Einsatz. Die szenische Darstellung des eigentlichen Überfalls fehlt; der Ablauf wird in einer Art Botenbericht nur durch die Erzählung der Handelnden deutlich. Tarantino nutzt diese Mittel gezielt zur besseren Zeichnung der Figuren.
Ein Großteil des Films spielt in einem verlassenen Lagerhaus, in Wirklichkeit eine alte, nicht mehr benutzte Leichenhalle. Die Produktionskosten konnten dadurch sehr gering gehalten werden. Im Raum, in dem Harvey Keitel sich das Gesicht wäscht, kann man Einbalsamierungsflüssigkeit in Kanistern erkennen. Die Wohnung von Tim Roths Charakter „Mr. Orange“ befindet sich im selben Lagerhaus im ersten Stock. Inzwischen ist das Lagerhaus abgerissen worden. Das Drehbuch ist sehr dialogorientiert; ein Merkmal sind die für Tarantino-Filme bekannten Wortgefechte, die zum Teil nicht direkt zum Handlungsverlauf beitragen, sondern der Charakterzeichnung dienen. Die Wortgefechte charakterisieren oft eine besondere Komik; eines mündet beispielsweise in der Diskussion über das Lied Like A Virgin von Madonna. Die Idee mit den Farb-Pseudonymen übernahm Tarantino aus dem Gangsterfilm Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 aus dem Jahr 1974. Auch sind Einflüsse aus Ringo Lams City on Fire, Stanley Kubricks Die Rechnung ging nicht auf und Phil Karlsons Der vierte Mann zu erkennen. Auf der englischen Originaltonspur hat sich die Marihuana-Dürre im Jahr 1986 zugetragen (und nicht 1968, wie es in der deutschen Synchronfassung heißt). Der Titel des Films geht auf den Filmtitel Au revoir les enfants zurück; dieser wurde von einem des Französischen unkundigen Kunden der Videothek zu Reservoir Dogs verballhornt. Edward Bunker, der im Film die kleine Nebenrolle des „Mr. Blue“ übernommen hat, war im echten Leben (unter anderem) tatsächlich Bankräuber. Später wurde er Autor und Schauspieler; so konnte er seine kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen.
Auffällig ist auch die musikalische Untermalung des gesamten Films mit Liedern aus den 1970ern. Außerdem wurde der legendäre Wilhelmsschrei (unter anderem bekannt aus Krieg der Sterne und Indiana Jones) verwendet. Man hört ihn während der Flucht von „Mr. Pink“ vor der Polizei. Der Reservoir Dogs: Original Motion Picture Soundtrack war der erste Soundtrack zu einem Film von Quentin Tarantino. Dieser definierte die Struktur seiner späteren Soundtracks, wie die Verwendung von Dialogauszügen aus seinen Filmen. Der Soundtrack besteht aus einer Auswahl von Songs aus den 1970ern. Der Radiosender „K-Billy’s Super Sound der Siebziger“ spielt eine herausragende Rolle in dem Film. Als DJ für dieses Radio wurde Steven Wright ausgewählt, ein Komiker, der für seine ausdruckslose Darstellung von Witzen bekannt ist.
„Mr. Blonde“ heißt im Film bürgerlich Vic Vega. Denselben Nachnamen trägt eine Figur aus Tarantinos nächstem Film Pulp Fiction: Der von John Travolta verkörperte Vincent Vega. Über ein mögliches Verwandtschaftsverhältnis wird in den Filmen nichts ausgesagt, jedoch hat Tarantino in Interviews angedeutet, dass es sich bei Vic und Vincent um Brüder, möglicherweise sogar um Zwillinge, handele. Seit Jahren kursieren Gerüchte um ein Filmprojekt über die Vega-Brüder. Außerdem wird in beiden Filmen eine Krankenschwester namens Bonnie erwähnt, die aber in Reservoir Dogs gar nicht und in Pulp Fiction nur einmal kurz von hinten gezeigt wird. Bei ihr handelt es sich vermutlich um dieselbe Person.
„Ein stellenweise furios inszeniertes, glänzend gespieltes pessimistisches Drama um Vertrauen und Verrat, das ebenso konsequent wie krass Gewalt und ihre Folgen vor Augen führt.“ Lexikon des internationalen Films
„Die Haltung des Films zu seinen Charakteren ist die eines mitleidenden Forschers und Arrangeurs, dem die Fragen nach Moral, Message und nach dem crime doesn’t pay, das sich formell durchsetzt, nur ein Achselzucken entlockt. Ob versierte Hermeneuten darin einen Kommentar zum amerikanischen Stand der Dinge entschlüsseln, das ist zweitrangig gegenüber dem Furor, der schauspielerischen Brillanz und der unbändigen Kraft dieses Debüts.“ Metzlers Filmlexikon
Der Autor Dieter Wunderlich schrieb: „Das Außergewöhnliche [an dem Film] ist weder die einfache Handlung noch die karge Optik, sondern das Formale: Während in einem klassischen Gangsterfilm Vorbereitung und Durchführung des Verbrechens im Mittelpunkt stehen, spart Quentin Tarantino den Raubüberfall ganz aus und konzentriert sich auf tragische Konsequenzen der Tat. Außerdem erzählt er die Geschichte nicht linear, sondern verschachtelt.“ Weiter führte Wunderlich aus: „‚Reservoir Dogs‘ ist eher dialoglastig, und die Lagerhalle wirkt beinahe wie eine Theaterbühne. Mit unspektakulären Mitteln ist es Quentin Tarantino gelungen, die Zuschauer zu fesseln; nicht eine Minute lang kommt Langeweile auf.“
Ulrich Behrens von der Filmzentrale befand, Reservoir Dogs sei „ein hoch moralischer Film“ und führte dazu aus: „Verrat beispielsweise wird nicht geduldet. Es geht um Loyalität und Erlösung, aber auch um die Fadenscheinigkeit und das Scheitern dieses ethischen Kodex in einem bestimmten Kontext. […] ‚Reservoir Dogs‘ ist formal – trotz der bewussten Brüche und Tendenzen gegen die Regeln des Dramas und des heist movie – eine klassische Tragödie. Und inhaltlich ebenso. Der Tod steht als Endpunkt in einem moralischen System, in dem Loyalität alles ist und deren Verletzung unausweichliche Konsequenzen mit sich bringt. Shakespeare inszenierte in dieser Hinsicht nichts anderes.“